Entschädigungen im Ausland

Nicht nur in der Schweiz, auch in zahl­reichen weiteren Ländern weltweit fand die historische Auf­arbeitung von vergangenem Unrecht statt und werden Betroffene finanziell entschädigt.

Die Schweiz steht bei der Aufarbeitung der Vorgänge in Heimen und Erziehungsanstalten nicht allein in der Pflicht. Verschiedene Gremien und Projekte weisen auch in Kanada, Australien, Irland, Belgien, Deutsch­land, Österreich, Norwegen, Schweden, Island, Holland, Belgien und weiteren Ländern auf Missstände und Übergriffe in diesem Bereich hin.

Einigen Opfergruppen im Ausland wurden finanzielle Ent­schädigungen zugesprochen. Am umfassendsten erfolgte die Aufarbeitung in Irland. Dort wurden Entschädigungen im Gesamtbetrag von rund 1,28 Milliarden Euro vom Parlament bewilligt. Hohe Entschädigungs­summen wurden auch in Norwegen ausbezahlt: bis zu 725’000 norwegische Kronen, das sind 83’000 Franken, pro Opfer.

Irland

In Irland haben die Regierung und Kirchen­obere 2009 beschlossen, über eine Milliarde Euro für Entschädigungen an ausgebeutete und misshandelte Zöglinge der dort lange meist kirchlich geführten Waisenhäuser, Kinderheime und Erziehungs­anstalten bereitzustellen und auszuzahlen.

Vorher schon, von 1999 bis 2009, erarbeitete die Regierung, mittels landesweiten Nachforschungen und Hearings mit Betroffenen, die Fakten und präsentierten diese in einem fünfbändigen Untersuchungs­bericht.

Weiter zum Untersuchungsbericht auf der staatlichen irischen Webseite

Norwegen

Die in norwegischen Kinderheimen misshandelten Personen erhielten die bislang höchsten Entschä­digungen weltweit. Sie erhielten bis zu 725’000 nor­wegische Kronen, das entspricht rund 100’000 Franken pro Person.

Schweden

In Schweden hat Parlaments­präsident Per Westerberg am 21. November 2011 im Beisein von Königin Silvia vor 1300 Betroffenen öffentlich um Verzeihung gebeten. Die zuständige Ministerin Larsson hat nach langem Hin und Her die Auszahlung von 250’000 Kronen (34’000 Franken) pro betroffene Person zugesagt.

Der Auszahlung vorangegangen war eine als Bericht publizierte staatliche Aufarbeitung, in deren Verlauf 900 Betroffene ihre Aussagen machten.

Island

Islands Regierung entschädigt 300 ehemalige Heimkinder mit 520 Millionen isländischen Kronen. Das sind ungefähr vier Millionen Franken, das heisst maximal circa 45’000 Franken pro Person.

Kanada

In Kanada wurden schon in früheren Jahren die Kinder der Ureinwohner, die in den Resident Schools untergebracht wurden, pauschal mit 10’000 kanadischen Dollars pro Person für das erste Jahr in diesen Schul­heimen und mit 3000 Dollars für jedes weiter Jahr entschädigt.

Die Resident Schools waren Kinderheime mit internen Schulen, in denen Misshandlung und sexueller Missbrauch stattfand. Die Heime waren teils staatlich, teils kirchlich geführt. Die Kinder mussten dort von ihren angeblich «primitiven» Familien getrennt aufwachsen, um «Zivilisation» zu lernen und ihre Herkunftskultur sowie Mutter­sprache zu verlernen. Seit 2012 läuft das Verfahren für eine zweite Runde von Entschädigungen. Betroffene, die als Kinder in diesen Schulheim schwer misshandelt und/oder sexuell missbraucht wurden, erhalten eine zweite Entschädigung im Betrag von maximal 98’000 kanadischen Dollar pro Person.

Deutschland

In Deutschland wurde im Anschluss an die Beratungen des Runden Tischs, an dem auch Betroffene vertreten waren, für das Gebiet der ehemaligen BRD 100 Millionen Euro und für das Gebiet der ehemaligen DDR 40 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Damit wurde den Forderungen der Organisationen der Heimkinder nur teilweise Rechnung getragen. Zusätzlich sind 20 Millionen Euro für wissenschaftliche Abklärungen und Aufarbeitungen budgetiert. In den einzelnen Bundesländern wurden Anlaufstellen für die Betroffenen eingerichtet.