Kommentar
Diese Liste war ursprünglich als Forum aufgesetzt. Sie finden hier einzelne Kommentare und Dialoge von Betroffenen oder anderen Interessierten.
Wie die Glarner Behörden bis 1981 Kinder «versorgten»
«Bis vor 40 Jahren konnten Kinder ihren Eltern leicht weggenommen werden. Auch in Glarner Heimen und Pflegefamilien litten viele. Seit 2013 sammelt eine kantonale Anlaufstelle ihre Berichte.»
Quelle: «Wie die Glarner Behörden bis 1981 Kinder «versorgten»», «Südostschweiz», Ausgabe Glarus)
Artikel von Fridolin Rast, «Südostschweiz», Ausgabe Glarus, 05. Februar 2022
Kein Ort für eine schöne Kindheit
«Von 1941 bis 1998 existierte in Braunwald eine Diakonissen-Schwesternschaft, welche das Haus Bergfrieden, das Kinderheim Flueblüemli und die «FreieSchule» führte. Der Kanton Glarus richtete 2013 eine Anlaufstelle für ehemalige Heim- und Verdingkinder ein, bei der eine frühere Flueblüemli-Bewohnerin über psychischen und physischen Missbrauch berichtete. Nachdem die «Glarner Nachrichten» Anfang Februar unter anderem über ihren Fall berichtet hatten, haben sich vier weitere Personen gemeldet, drei Frauen und ein Mann, die zwischen 1976 und 1983 für einen Teil ihrer Kindheit und Jugend im Flueblüemli untergebracht waren.»
(Quelle: «Kein Ort für eine schöne Kindheit», «Südostschweiz», Ausgabe Glarus)
Artikel von Fridolin Rast, «Südostschweiz», Ausgabe Glarus, 12. März 2022
Warum hat man nicht früher gehandelt?
«Von den Diakonissen, die das Flueblüemli und die «Freie Schule» in Braunwald führten, gibt es offenbar kaum mehr Akten. Ihre Schwesternschaft wurde 2001 in die Diakonissen-Schwesternschaft Neumünster in Zollikerberg eingegliedert und existiert seither nicht mehr. Werner Widmer, früherer Leiter der Stiftung Diakoniewerk Neumünster, hat aber anhand der Jahresberichte der Braunwald-Schwesternschaft die Daten der von den Flueblüemli-Ehemaligen belasteten Schwester Walburga durchgesehen.»
(Quelle: «Warum hat man nicht früher gehandelt?», «Südostschweiz», Ausgabe Glarus)
Artikel von Fridolin Rast, «Südostschweiz», Ausgabe Glarus, 12. März 2022
Ehemalige Betreuerin erzählt, wie im Heim Flueblüemli in Braunwald Kinder misshandelt wurden
«Ihre Vergangenheit im Kinderheim Flueblüemli in Braunwald hat die Aargauerin Tina Weber nicht mehr losgelassen. 1976 hat sie als gut 17-Jährige ein paar Monate lang im Kinderheim Flueblüemli als Praktikantin gearbeitet. Nun erzählt sie ihre Geschichte.»
(Quelle: «Ehemalige Betreuerin erzählt, wie im Heim Flueblüemli in Braunwald Kinder misshandelt wurden», «Südostschweiz», Ausgabe Glarus)
Artikel von Fridolin Rast, «Südostschweiz», Ausgabe Glarus, 15. Juli 2024
Aufenthalt im Kinderheim Flueblüemli 1959 und 1961
Meine Mutter war in Zürich im Spital mit einer Psittakose. Die Schwestern, die dort arbeiteten, gehörten zu der gleichen Schwesternschaft wie die in Braunwald. Von diesen wurde meinen Eltern das Flueblüemli für meinen ersten notwendigen Aufenthalt empfohlen.
Ich war als Kind zweimal im Kinderheim Flueblüemli in Braunwald zur Erholung (Schatten auf der Lunge, Psittakose). Einmal in der 3. Klasse (1959) für 6 Monate und einmal in der 5. Klasse (1961) für 6 Wochen.
Im ersten Monat des 6-monatigen Aufenthaltes durfte ich nur alleine auf der Terrasse liegen, während die anderen Kinder draussen im Schnee spielten. Mit mir sprechen oder spielen durften sie nicht.
Ich habe miterlebt, wie ein Knabe (den Vornamen weiss ich noch) fürs Bettnässen bestraft wurde.
Ich habe im gleichen Zimmer im Bett nebenan geschlafen.
Bei beiden Aufenthalten bin ich in Braunwald zur Schule gegangen. Da der Schulweg lange war, mussten der Knabe und ich vor den anderen Kindern frühstücken. Meistens gab es Haferbrei.
Der Knabe hat nach dem Brei essen diesen wieder erbrochen. Diesen erbrochenen Brei musste er wieder essen. Es war einfach widerlich. Und dies fast jeden Morgen.
Wenn ich weinte, weil ich Heimweh hatte, wurde ich bestraft mit Essensentzug, Spielverbot, das wöchentliche Telefongespräch mit den Eltern wurde gestrichen und die Briefe der Familie zurückgehalten.
Herzlichkeit bekam man in diesem Heim sehr selten. Es gab eine Schwester, die manchmal, wenn keine andere Schwester anwesend war, ein wenig mehr Herzlichkeit zeigte.
Meine Eltern leben nicht mehr. Ich bin froh, dass sie diesen Bericht nicht mehr sehen konnten. Sie hätten sich sicher Vorwürfe gemacht, weil sie meinen Erzählungen damals nicht geglaubt hatten.
In einem Haus, das von christlichen Schwestern geführt wurde, konnte sowas sicher nicht sein.
Ich habe diese Erlebnisse bisher immer verdrängt. Jetzt werde ich, obwohl ich schon 75 bin, diese Zeit noch verarbeiten müssen.
Die Schulzeit in Braunwald habe ich in sehr guter Erinnerung. Obwohl es für mich neu war, mit mehreren Altersstufen in der gleichen Klasse zu sitzen.
Bea S.
20.05.2025