Kommentar
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Heimkind von 1949-1952
In einem erhalten gebliebenen Brief von 1951 verglich ich die Zustände im Waisenhaus Glarus in den Jahren 1949 – 1952 mit denjenigen eines Konzentrationslagers:
Zumeist ohne ersichtlichen Grund oder wegen Kleinigkeiten erhielten die Kinder Ohrfeigen, die bis zum Nasenbluten geführt haben.
Das Essen wurde zweiklassig zubereitet, sehr karg für die Kinder und deutlich reichhaltiger für die Hauseltern und das angestellte Personal. Zum Frühstück erhielten die Kinder nur Milchkaffee und Brot, während den Erwachsenen Butter, Konfitüre und Käse zur Verfügung standen. Am Mittag gab es beispielsweise für die Kinder Suppe und dann Kartoffeln und Sauerkraut, während am Tisch der Waiseneltern und des Personals dazu verschiedenes Fleisch und später noch ein Dessert verspiesen wurde.
Pflanzung und Ernte von Gemüse und Blumen hatten die Kinder unter Aufsicht zu erledigen, auf den Tisch kam davon nur ein Teil. Schlimmer noch mit dem Obst. Abgelesen wurde es von den grossen Kindern, davon essen durften sie nicht. Körbchenweise wurden Aepfel verschenkt an die Angehörigen der Waiseneltern oder andere Bekannte. Dasselbe geschah mit Eiern aus eigenem Hühnerhof, die kaum in die Küche des Waisenhauses gelangten.
Die Schlafräume der Kinder waren tagsüber abgeschlossen, weshalb ein Zugriff zu den privaten Kleinigkeiten der Kinder einzig nach vorheriger Begründung und mit Zustimmung möglich war.
Der ausgiebige Konsum von Bier und Wein durch den Waisenvater führte dazu, dass dieser mit den Kindern sehr grob war und regelmässig saftige Ohrfeigen austeilte oder gar mit Hilfsmitteln, wie Gummischläuchen oder Mehrrohrstecken so auf die Kinder eingedroschen hat, bis sie nicht mehr zu schreien wagten.
Ruedi, 15. Februar 2011
rustumu
16.02.2011