Mein Name ist Wolf-Dieter Consilius, Jahrgang 1942. Meine Mutter ist in diesem Jahr fast 103 jährig verstorben, bis zuletzt lebte sie mit ungetrübtem Geist. In ihrem persönlichen Nachlass habe ich einen Brief gefunden, dessen Inhalt mich nachdenklich gemacht und nach kurzer Recherche zu Ihnen geführt hat. Dazu kurz die Geschichte erzählt:
Mein Vater war Lehrer. Wir lebten in der damaligen DDR, aus der die Familie aus politischen Gründen flüchten musste. Das war 1952. Im Westen bekam er keine Anstellung. Auf eine Bewerbung hin als Lehrer in das Erziehungsheim Oberbipp bekam er eine Zusage. Wir zogen 1954 in die Schweiz und hatten unsere Wohnung im Haupthaus des Heimes. Wir, die Familie, waren voll in den Tagesablauf des Heimes integriert, d.h. gemeinsames Essen und andere gemeinsame Unternehmungen. Ich besuchte die Kantonsschule Solothurn und schloss Freundschaft mit einem Schulkameraden aus der Nachbargemeinde Wiedlisbach, die Freundschaft und Verbindung besteht bis heute. 1959 gingen meine Eltern zurück nach Deutschland. Ich habe nie verstanden warum. Sein weiteres Berufsleben verbrachte mein Vater als Lehrer In der Pestalozzi-Stiftung nahe Hannover.
Meine Erinnerungen an die Zeit in Oberbipp sind schön und ungetrübt, dass es Probleme mit – vor allem – Erzieherinnen in den Gruppen und deren vom Heimvorsteher R. gedeckten Methoden gab, habe ich als Kind nur so nebenbei aus den Gesprächen der Erwachsenen mitbekommen. In dem Brief wird ein recht düsteres Bild dieser Zeit in Oberbipp gezeichnet, über die Zustände wurde gesprochen, aber ändern konnten die beiden jungen Kollegen meines Vaters und er selbst als Ausländer wohl nichts.

Wolf-Dieter Consilius
Oktober 2024

Brief von H. Keller 5.Nov.59