Mario Delfino

lebte in Waisenhäusern von Bergamo (IT) und Altdorf (UR) und später als administrativ Versorgter in der Arbeitserziehungsanstalt Knutwil (LU).


Interview mit Mario Delfino (*1955) vom 20. Februar 2017.

Der am 29. November 1955 geborene Mario Delfino ist ein in der Schweiz lebender Italiener. Er blickt als guter und erfolgreicher Familienvater und Berufsmann auf seine Jugendzeit als Adoptierter, aber von seinen Adoptiveltern Verstossener zurück. Er wuchs in den Waisenhäusern von Bergamo IT und Altdorf UR auf, später als administrativ Versorgter in der von Mönchen brutal geführten Arbeitserziehungsanstalt Knutwil LU. Fluchtversuche führten ihn bis nach Paris und Turin. Während seiner administrativen Zwangsversorgung musste er bei karger Ernährung hart arbeiten und war sexuellen Übergriffen von Mönchen und von einem Priester ausgesetzt. Danach stand er ohne Ausbildung mit etwas Geld für die Notschlafstelle da. Im Unterschied zu vielen seiner Anstaltskollegen geriet er nicht in die damalige Zürcher Drogenszene. Mehrere seiner Leidensgenossen sind früh verstorben, einer durch Selbstmord in der Arbeits­erziehungsanstalt Knutwil LU. Dank der Seelsorge und der christlichen Wohngemeinschaft von Pfarrer Ernst Sieber in Zürich-Altstetten konnte Mario Delfino schliesslich trotz allem in der Gesellschaft, die ihn lange ausgesperrt und eingesperrt hatte, endlich Fuss fassen. Er wurde ein beliebter Hausabwart, zuerst in der reformierten Kirchgemeinde Zürich-Oerlikon, dann in einem Zürcher Schulhaus. Gelegentlich hilft er Jugendlichen in Schwierigkeiten, ihren Weg zu finden. Er machte sich 2017 auf die Suche nach seinen Akten und meldete sich für die Auszahlung des Wieder­gutmachung-Solidaritätsbeitrags in Bern und für eine Genugtuung für die durch katholische Geistliche erlittenen sexuellen Übergriffe beim zuständigen Gremium der Schweizerischen Bischofskonferenz.